Es ist ein schwerer Schritt, doch er ist unausweichlich: Der Warenkorb, Sozialkaufhaus des Caritasverbandes an der Zeppelinstraße, stoppt ab sofort die Ausgabe neuer Kundenkarten - weil er keine neuen Kunden mehr aufnehmen kann. "Wir haben und wir bekommen ganz einfach nicht mehr genug Waren von außen, um die berechtigten und aus der Not entstandenen Bedürfnisse all derer zu erfüllen, die unsere Hilfe brauchen" - so Lisa Wieland, Projektleiterin des Sozialkaufhauses. Der Schritt erfolgt in einer Zeit, in der immer mehr Menschen darauf angewiesen wären, im Warenkorb einzukaufen - aus sozialer Not und hier mit der Möglichkeit, sich zu einem Bruchteil des Normalpreises mit Lebensmitteln zu versorgen. Eben dieser Zunahme gesellschaftlicher Armut aber ist der Warenkorb nicht mehr gewachsen: "Wer immer sich im Moment an uns wendet und uns eigentlich bräuchte - wir müssen Nein sagen", betont Lisa Wieland. "Obwohl uns das in der Seele weh tut."
322 Kundenkarten hat die Projektleitung der Caritas in diesem Jahr für neue Kunden des Warenkorbes ausgegeben - deutlich mehr als noch 2021. 136 davon gingen allein an Flüchtlinge oder Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine; Tendenz vor dem Hintergrund des anhaltenden Krieges dort absehbar weiter steigend. Mit rund 150 Kundenkarten aus 2021, die laufend aktualisiert werden, summiert sich der aktuelle Kundenstamm auf knapp 500. "Damit sind wir schlicht am Limit", erklärt Lisa Wieland. "Wir haben einfach nicht mehr genug in den Regalen und bekommen auch nicht mehr genügend Nachschub." Der harte Schritt des Ausgabestopps neuer Karten sei - so hofft es der Caritasverband als Betreiber - nur vorübergehend. Zeitpunkt für einen Stopp des Stopps aus heutiger Sicht von Geschäftsführer Heinrich Sinder: "Leider noch unabsehbar."
Seit Monaten hatten die Verantwortlichen des Warenkorbes noch versucht, einen solchen, bisher einmaligen Schritt, zu vermeiden und gegenzusteuern. So wurde die Berechtigung zum Einkauf über Einschränkung per Kartennummer zurückgefahren: Kunden/Kundinnen mit einer geraden Kartennummer hatten nur noch einmal pro Woche Gelegenheit zum Einkauf, ungerade Kartennummern ebenso - eine organisatorische Trennung aus eigener Not. Dies half für eine kurze Zeit, jetzt aber nicht mehr. Lisa Wieland: "Wir mussten selbst die Notbremse ziehen."
Freuen sich gemeinsam über die Spende des Heimatvereins Ahlen-Vorhelm: die ehrenamtlichen Warenkorb-Mitarbeiterinnen (v. l.) Gerlinde Oskamp, die auch Bindeglied zum Heimatverein ist, und ihre Kolleginnen Brigitte Schmidt, Ulla Ebeling und Erika Mathies
Die Ursachen liegen auf der Hand. In einer Zeit rundum steigender Preise, in der das Leben insgesamt teurer wird, wächst die Zahl bedürftiger Menschen. Gleichzeitig verändert sich das Einkaufsverhalten auch bei "Normalkunden" deutlich. Lisa Wieland: "Wo Menschen weniger kaufen als noch vor einem Jahr, machen auch viele Händler ihre Regale nicht mehr ganz so voll. Und damit bleibt auch weniger für uns übrig." Gleichzeitig suchen Geschäfte eigene Möglichkeiten, sozial aktiv zu werden: "Mit Aktionen wie so genannten Rettertüten, in denen zu einem geringen Festpreis Waren unter eigentlichem Wert angeboten werden, tun viele ein gutes Werk. Aber auch das kommt als Spende eben nicht mehr bei uns an."
Kleine Lichtblicke gibt es dennoch. Wie die Initiative des Heimatvereins Ahlen-Vorhelm, der rund um den St. Martins-Tag unter dem Motto "teilen" eine Lebensmittelspende zusammenbrachte und an den Warenkorb weiterleitete. "Es sind Aktionen wie diese, die uns Hoffnung machen", sagt die Projektleiterin. Aber: "Das kann unsere derzeitige Lücke beim besten Willen nicht füllen. Und so gilt für den Moment: Für noch mehr Kunden reicht unser Angebot einfach nicht!"